Diesmal traf Björn Erkens den Leiter des Academic Program for Entrepreneurship am Strascheg Center for Entrepreneurship der Hochschule München, Florian Huber. Im Interview spricht er über Design Thinking, die Rolle von Personas und wie ihm Storytelling bei seiner Arbeit hilft!
Björn: Hallo Flo, kannst du dich kurz vorstellen?
Florian: Hallo. Ich bin Florian Huber und leite momentan das Weiterbildungsprogramm APE (Academic Program for Entrepreneurship) am Strascheg Center for Entrepreneurship der Hochschule München. Nebenbei veranstalte ich gelegentlich Workshops zum Thema Design Thinking und Entrepreneurship in Firmen, Schulen und an anderen Universitäten. Ich liebe clevere Problemlösungen, innovative Geschäftsmodelle, Komplexität, simplistisches Design und die Farbe blau.
Björn: Du bist Leiter des Design Thinking Programms APE am Strascheg Center for Entrepreneurship. Was ist Design Thinking und was macht ihr hier?
Florian: Das Programm ist ein Weiterbildungsprogramm im Bereich Entrepreneurship. Ziel ist es jährlich etwa 25 Teilnehmern aus verschiedensten Disziplinen eine intensive Weiterbildung anhand von Projektarbeit an realen Innovationsprojekten zu ermöglichen. Design Thinking sehen wir als eine gute Methodik uns an sehr offene Problemstellungen heranzutasten und dann in einer iterativen Weise Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Vor allem stehen hierbei die tief liegenden Bedürfnisse der potentiellen Nutzer im Vordergrund. Für die entwickelten Konzepte erarbeiten und testen wir anschließend verschiedene Geschäftsmodelle und versuchen diese mit einem unserer Industriepartner oder sogar als eigenes Start-Up umzusetzen.
Björn: Erkläre uns doch mal kurz den Ablauf bei einem Design Thinking Innovationsprojekt?
Florian: Die Konzeptentwicklung mit Design Thinking gliedern wir grob in sechs Schritte. Im ersten Schritt geht es darum, die an uns gestellte Aufgabenstellung bis ins kleinste Detail zu verstehen und uns das nötige Hintergrundwissen anzueignen, um uns in der entsprechenden Branche zurechtzufinden. Von Online-Dating bis Services für Lkw im Pannenfall klappte das mit der richtigen Methodik bis jetzt immer erstaunlich schnell. In Schritt zwei machen wir uns dann daran ein Gespür für die aktuellen und potentiellen Nutzer sowie anderen beteiligten Stakeholder unserer Konzepte zu entwickeln. Dabei interessieren uns am meisten die tiefliegenden Emotionen und Bedürfnisse der Personen. Nur wenn wir diese mit unseren Konzepten ansprechen, schaffen wir es etwas zu erarbeiten was auch langfristig im Leben der Personen Platz findet. In Schritt drei gruppieren wir alle unsere Erkenntnisse aus den vorangegangen Phasen und versuchen die Problemfelder mit dem größten Potential zu identifizieren. Dieser Schritt ist meistens knifflig und bedarf etwas Fingerspitzengefühl des Teams.
Wenn sich bis zu drei Problemfelder gefunden haben, gehen wir in Schritt vier dazu über möglichst viele Ideen für konkrete Produkte und Dienstleistungen zu generieren. Nur wenn wir durch divergentes Denken unser Problemlösungsfeld möglichst breit betrachten, können wir uns später sicher sein, dass wir aus den vielen Ideen die interessantesten Ideen auswählen. Im nächsten Schritt entwickeln wir für etwa fünf der ausgewählten Ideen konkrete Prototypen. Dies sind oft sehr einfache Papier- oder Holzmodelle, Rollenspiele, oder Software Mock-Ups. Uns geht es darum die Konzepte erlebbar zu machen, um sie so in Schritt sechs erneut mit potentiellen Nutzern testen und weiterentwickeln zu können. Dieses Vorgehen in sechs Schritten ist iterativ. Somit kann es auch vorkommen, dass wir während eines Schritts merken, dass wir vielleicht doch nicht auf dem richtigen Weg sind. Dann heißt es ein oder zwei Schritte zurückspringen und einen neue Richtung ausprobieren. Diese Ungewissheit klingt erst einmal belastend. Sie macht unsere Arbeit aber auch unglaublich spannend!
Björn: Was genau sind Personas und wie arbeitet ihr mit Ihnen?
Florian: In unseren Projekten arbeiten wir oft mit Personas. Für uns sind das (halb-)fiktive Personen, die wir auf Basis unserer Erkenntnisse und Erfahrungen in den einzelnen Schritten unserer Projekte erstellen. Wir versuchen für fast jedes Projekt immer konkrete Personas im Hinterkopf zu haben, um nie unsere potentiellen Zielgruppen und Beteiligten aus den Augen zu verlieren. Unsere Personas sind weniger nach demographischen Kriterien abgegrenzt, also nicht „Klaus, männlich, 35 Jahre alt, lebt im Großraum München, …“, sondern nach deren Bedürfnissen und inneren Werten, wie z.B. „Klaus, liebt Gerechtigkeit, sucht zuerst den Sinn hinter allem was er tut, vermeidet Konflikte, mag Deadlines (denn die machen erst so richtig produktiv), …“.
Björn: Wie benutzt Ihr Storytelling und Geschichten beim Design Thinking?
Florian: Wie ich bereits angesprochen habe, ist es uns bei unseren Konzepten immer sehr wichtig, die wirklichen, tiefliegenden Bedürfnisse von Menschen zu addressieren. Das schafft man eigentlich nur, wenn man seine potentiellen Nutzer auch in den eher analytischen Phasen der Projekte immer noch als Personen betrachtet. Wir erzählen uns daher immer wieder gegenseitig von unseren Erfahrungen mit den Menschen, die wir interviewt haben, mit denen wir unsere ersten Konzepte getestet haben oder die wir teilweise auch mehrere Tage durch ihren Alltag begleitet haben. Diese Geschichten sind gewollt emotional und stellen die realen Bedürfnisse der Personen immer wieder in den Vordergrund. Oft kombinieren wir auch mehrere dieser Geschichten zu einer fiktiven Persona. Diese Geschichten sind dann oft auch der Aufhänger für die Kommunikation unserer Konzepte. Es ist immer sehr kraftvoll, wenn eines unserer Teams ihre Präsentation damit anfängt, reale Nutzer und all deren Probleme als Geschichte vorzustellen und gleich anschließend ihr Konzept als Problemlösung platzieren.
Björn: Was hälst du von Explainr und dem Thema Erklärfilme?
Florian: Ich finde eure Idee super! Ein einfacher Film mit der entsprechenden Handschrift eines Unternehmens macht Konzepte und Produkte doch viel besser deutlich, als Textbeschreibungungen oder die reine Auflistung von technischen Spezifikationen. Am Ende des Tages nützt einem das beste Konzept nichts, wenn es mein Gegenüber nicht versteht.